Wissenschaft
AllgemeinesDie Veranlagung von Menschen, ihre Sexualität nur oder vornehmlich mit Kindern ausleben zu wollen, wird als Pädophilie (Kinderliebe) bezeichnet. Als Päderastie (griech. erastes = Liebhaber) wird die "Liebe" von Männern zu Jungen genannt. Dabei sollte aber unbedingt zwischen der reinen Veranlagung und dem tatsächlichen Missbrauch von Kindern unterschieden werden. Nicht jeder pädophil veranlagte Mensch tritt auch durch den Missbrauch von Kindern in Erscheinung.
Die gelebte Sexualität von Erwachsenen - meist Männern - mit Kindern wurde sehr lange öffentlich kaum diskutiert und oft sogar verdrängt, verschwiegen oder sogar zumindest heimlich gebilligt. Viele der bekannt gewordenen sexuellen Missbräuche von Kindern finden innerhalb des engeren sozialen Umfelds, häufig durch Väter, Stiefväter, Verwandte, Erzieher oder Lehrer statt. Je enger die familiäre Bindung zwischen Opfer und Täter ist, desto größer ist oft die Scheu, derartige Taten zur Anzeige zu bringen. Daher werden Fälle innerhalb der familiären Umwelt meist erst sehr viel später, z.B. wenn die Kinder aus dem Haus oder erwachsen sind, angezeigt.
StatistikNach den Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden wurden in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2004 offiziell 15.255 Fälle wegen Kindsmissbrauchs registriert, 81,3 Prozent davon wurden aufgeklärt. Nach Meinung von Experten liegt, auf Grund der Dunkelziffer, die tatsächliche Anzahl um ca. 70 Prozent höher. Der Leiter der Wiesbadener Kriminologischen Zentralstelle, Professor Dr. Rudolf Egg, schätzt die Anzahl der in irgendeiner Weise sexuell missbrauchten Kinder sogar auf bis zu 200.000 pro Jahr. Die hohe Dunkelziffer, die seinen Schätzungen zugrunde liegt, führt er auf Verheimlichungen im familiären Umfeld zurück. Weiterhin wurden 1.807 Tatverdächtige wegen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen unter Ausnutzung einer Amtsstellung oder eines Vertrauensverhältnisses erfasst.
KinderpornographieSpezielle kriminelle Handlungen im Bereich des Missbrauchs von Kindern bestehen im Bereich der Kinderpornographie. Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden wurden im Jahr 2004 insgesamt 4.819 Tatverdächtige wegen des Besitzes und/oder der Beschaffung von Kinderpornografie erfasst. Man schätzt den Markt der Kinderpornografie in der Bundesrepublik auf Grund der extrem hohen Dunkelziffer jedoch sehr viel höher. So gehen Schätzungen sogar von ca. 60.000 Konsumenten - vor allem von Videos über das Internet - aus. Videos mit Kinderpornographie werden sowohl im familiären Umfeld der betroffenen Kinder als auch durch andere Täter hergestellt, die sich das Vertrauen der Kinder erschleichen. Nicht nur die Herstellung oder Verbreitung sondern bereits der Besitz von Kinderpornographie, auch auf PCs, in der Bundesrepublik Deutschland ist strafbar. Er wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet.
Rechtliche AspekteNach § 176, § 176a, § 176b, §182 und § 184 des Strafgesetzbuchs ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen strafrechtlich wie folgt geregelt:
§ 176 Sexueller Missbrauch von Kindern:(1) Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt. (3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen. (4) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
(5) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach den Absätzen 1 bis 4 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet. (6) Der Versuch ist strafbar; dies gilt nicht für Taten nach Absatz 4 Nr. 3 und 4 und Absatz 5.
§ 176a Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern:(1) Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. (2) Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird in den Fällen des § 176 Abs. 1 und 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn
(3) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 3, 4 Nr. 1 oder Nr. 2 oder des § 176 Abs. 6 als Täter oder anderer Beteiligter in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer pornographischen Schrift (§ 11 Abs. 3) zu machen, die nach § 184b Abs. 1 bis 3 verbreitet werden soll. (4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen. (5) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer das Kind in den Fällen des § 176 Abs. 1 bis 3 bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt. (6) In die in Absatz 1 bezeichnete Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die im Ausland abgeurteilt worden ist, steht in den Fällen des Absatzes 1 einer im Inland abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine solche nach § 176 Abs. 1 oder 2 wäre.
§ 176b Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge:Verursacht der Täter durch den sexuellen Missbrauch (§§ 176 und 176a) wenigstens leichtfertig den Tod des Kindes, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
§ 182 Sexueller Missbrauch von Jugendlichen:(1) Eine Person über achtzehn Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass sie
und dabei die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (3) In den Fällen des Absatzes 2 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. (4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens der Person, gegen die sich die Tat richtet, das Unrecht der Tat gering ist.
§ 184 Verbreitung pornographischer Schriften:(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3)
(2) Absatz 1 Nr. 1 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt. (3) bis (7) (weggefallen)
Quellen:StGB Strafgesetzbuch, C.H. Beck, München (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 zuletzt geändert am 01.09.2005) Polizeiliche Kriminalstatistik 2004. Bundeskriminalamt, Wiesbaden 2004 Egg, Rudolf (Hrsg.): Sexueller Missbrauch von Kindern. KUP Kriminologie und Praxis, Wiesbaden, Band 27, 1999 Stand: Oktober 2005
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