Papst Johannes Paul II. Das Leben nach dem Tod
Drei Ansprachen bei Generalaudienzen im
Sommer 1999
Der Himmel (21. Juli 1999)
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Hölle (28. Juli 1999)
Das Fegefeuer (4. August 1999)
Quelle: Kathpress, 10. August 1999.
Weitere Informationen: www.armeseelen.info
Die Moraltheologie beschäftigt sich mit dem Problem des Todes unter verschiedenen Rücksichten. Im Bemühen um die richtige sittliche. Bewertung mancher Verhaltensweisen (vgl. Euthanasie, Organübertragung) kann es für sie notwendig werden, nach den Kriterien zu fragen, an denen der Eintritt des Todes erkannt werden kann. Am meisten aber beschäftigt sie die Frage nach dem Sinn des Todes und nach der Aufgabe des Menschen, diesem Sinn gerecht zu werden.
1. Die meisten Menschen sehen dem Tod mit Bangen entgegen. Sie empfinden ihn als Übel, als Verlust des hohen Gutes des Leibeslebens, als rätselhaftes Geschehen, nach dessen Sinn sie bedrückt fragen (vgl. 2. Vat. Konz., GS 10 18 41). Die Offenbarung gibt die Auskunft, "dass der Mensch zu einem seligen Ziel über die Grenzen des irdischen Elends hinaus von Gott geschaffen ist" (GS 18). Durch verantwortliche. Gestaltung seines irdischen Lebens (Sittlichkeit) soll er seiner Endbestimmung, die in Gott liegt, entgegenreifen. Das irdische Leben ist ihm als Gut geschenkt, als einmalige kostbare Gelegenheit, als die Spanne Zeit, in der er sein ewiges Schicksal erwirken kann u. soll. Ob ihm zur Erfüllung dieser seiner wesentliche. Aufgabe genügend Zeit zur Verfügung stand, hat nur der Geber des Lebens u. der Ewigkeit zu entscheiden; nie darf daher der Mensch seinen od. eines schuldlosen Mitmenschen Tod absichtlich herbeiführen (vgl. Tötung, Selbsttötung). Im Tod aber endet die Zeit, in der der Mensch an seiner eigenen Reifung arbeiten konnte; seine erreichte Grundeinstellung zu Gott, sich selbst, der Mitwelt u. der Umwelt wird endgültig. "Es kommt die Nacht, da keiner wirken kann" (Joh 9,4; vgl. Lk 16,26; 2 Kor 5,10; D 857 f 925 f 1000-02 1304-06).
2. Auch der Christ, der seine letzte Berufung aus der Offenbarung kennt, ist sich seines Versagens in der Erfüllung seiner Lebensaufgabe (Sünde) bewusst. Er kann nicht sicher sein, dass er seine Bestimmung so erreicht, wie sie ihm von Gott zugedacht ist. Dem Tod blickt er daher nicht bloß als dem Hinübergehen in die ersehnte Heimat entgegen, sondern erwartet in ihm zugleich mit Bangen das Gericht, durch das offenbar wird, ob er im irdischen Leben tatsächlich. die Erfüllung der Liebe in Gott gewonnen hat ("Wer nicht liebt, bleibt im Tode", 1 Joh 3,14; vgl. Mt 18,23-25; 25,14-30; Lk 16,1-8.19-31; 19,11-27; 23,43; 1 Kor 3,13; 2 Kor 5,10; Hebr 9,27; 10,31; D 1304-06; GS 17). Als Furchterregendes Ereignis stammt der Tod aus der Sünde (Weish 1,13; 2,23 f; Röm 5,12.17.21; 6,23; Jak 1,15; GS 18).
3. Eben diesen Tod hat Jesus Christus auf sich genommen. Durch die Sünde will sich der Mensch Gott entwinden u. erntet dafür den T. mit seinem Bangen. Christus aber bekennt sich zu Gott u. seinem Wollen, auch sofern es für die Sünde den T. eintreten lässt. Er wird gehorsam bis zum T. am Kreuz (Phil 2,8) u. legt dadurch ein Tatbekenntnis zu Gott u. seiner Ordnung ab. Er tut es zur Erlösung der Menschen: Ihnen bietet er die Möglichkeit, an seiner Zuwendung zu Gott Anteil zu erlangen, in sie einzutreten, sich dadurch mit Gott zu verbinden. Im besonderen kann der Christ seine Entscheidung für Gott vollenden, wenn er, der in der Taufe in die Schicksalsgemeinschaft mit Jesu T. u. Verklärung eingegangen ist (Röm 6,4 f; vgl. LG 7) u. in der Eucharistie am vergegenwärtigten Opfertod Jesu teilgenommen hat (vgl. SC 6 47), sich durch das Ja zum eigenen von Gott verfügten T. ganz in Christi Sterben einfügt (Krankensalbung, vgl. 1 Kor 15,31; 2 Kor 4,10 f; 6,9; Phil 3,20; LG 7 11). Er kann dann dem Gericht im T. mit Zuversicht entgegensehen (vgl. Joh 5,24; Röm 8,1.31-39; Kol 3,4; 1 Thess 5,4 f; 1 Petr 1,6-9). Er wird ja aufbrechen, um mit Christus zu sein (Phil 1,23; vgl. 3,20 f; 2 Kor 5,6-8), wird heimgehen zum Vater ("Auf zum Vater!" Ignatius v. Ant., Röm 7,2), wird endgültig vom T. zum Leben übergehen (Joh 5,24; 8,51 f; 1 Joh 3,14) u. damit vom "zweiten T." kein Leid erfahren (Offb 2,11; 20,6.14). Der T. mit seinen Schrecken ist besiegt ("Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz. Doch Gott sei Dank, der uns den Sieg verleiht durch unseren Herrn Jesus Christus", 1 Kor 15,56 f; vgl. LG 49; DV 4; GS 18).
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